Jan Opielka, Berliner Zeitung:
Es ist kein Zynismus, der mich solche semifiktiven Worte und Szenen schreiben lässt. Es ist die blanke Ohnmacht und grenzenloser Zorn. Ohnmacht und Zorn angesichts all dieser westlichen Kriegstreiber in Maßanzügen, für die der Tod Abertausender (junger) ukrainischer Männer und Frauen den Wert einer Zahl oder einer Waffe hat. Durch die sich am politischen Horizont abzeichnenden, aus dem Trump-Lager durchsickernden Pläne zur Beendigung des Krieges wirken Forderungen nach einer Mobilisierung von faktischen Jugendlichen – und damit nach noch mehr Toten – noch schriller: in ihrer Kaltblütigkeit, in ihrer Schamlosigkeit, in ihrer Bodenlosigkeit.
Würde Antony Blinken einen Rest von Anstand, einen Rest von Schamempfinden spüren, würde er bereits jetzt auf die Linie umschwenken, die sich durch den künftigen Machthaber im Weißen Haus abzeichnet. Diese zielt laut dem, was wir etwa von Trumps designiertem Ukraine-Sondergesandten Keith Kellog vernehmen, auf ein verhandeltes Ende des Krieges ab. Es wird, wie auch immer es ausgeht, aus Sicht der Ukraine einen ungerechten Waffenstillstand und ungerechte Gebietsverluste bedeuten. Aber es bedeutete eben auch: ein Ende der sinnlosen Todesopfer.
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Denn Menschen und Medien überbetonen lieber politische Skandale und Verfehlungen oder erinnern an sie vor allem dann, wenn sie möglichst nicht das vorherrschende Weltbild oder das bestehende (politische) System infrage stellen, indem sie (wir) selbst stecken und leben. Denken wir beim Stichwort „politischer Skandal“ an US-Präsident Richard Nixon, fällt der Mehrheit der Menschen das Thema „Watergate“ ein – jene verdeckte Ausspionierung der oppositionellen Demokratischen Partei, bei der keine Verletzten und Toten überliefert sind. Und nicht an den von Nixon geführten Vietnam-Krieg, bei dem 2,3 bis 4 Millionen Menschen in Vietnam, Laos und Kambodscha sowie mehr als 58.000 US-Soldaten ums Leben kamen, und bei dem Nixons Außenminister und späterer Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger „bis zum Anschlag eskalieren“ wollte.
Opielka writing out of „blanke Ohnmacht und grenzenloser Zorn“ really spoke to me. I was struck by how different in both tone and substance this article is from all the cheerleading pieces of 2022.
The section on the sort of news stories people pay attention to and remember is absolutely apropos too, of course.