Ich weiß auch keine Antwort.

Wie sollten die jungen Deutschen reagieren, die man aufgefordert hatte, Verantwortung zu tragen in der Bemühung um die Rechte aller, als sie erfuhren, daß von Deutschland aus die amerikanischen Bomber starteten, die ihr schändliches Unwesen in Vietnam trieben? Warum konnten die deutschen Demokraten und die ganze Welt laut die Frage stellen: Was haben die Amerikaner in Vietnam verloren? Was sollten die jungen konsequenten Deutschen tun, um Zivil­courage zu zeigen, als Resultat von Auschwitz? Sie hatten nur folgende Möglichkeiten: in Bonn zu protestieren und vor der Bannmeile halt zu machen, wissend, daß der Bundestag das Problem unter den Tisch gekehrt hatte; oder in der Kirche zu beten oder Flugblätter zu verteilen oder alle vier Jahre einen Politiker zu wählen, der auch wieder schweigen würde. Sollten sie Nein zur Gewalt sagen, aber schweigend akzeptieren, daß ein amerikanischer Bomber in Vietnam eine Schule mit 163 Kindern bombardierte?

Ich weiß auch keine Antwort. Margrit Schiller wußte eine, aber sie hat verloren und alle, die wir nichts getan haben, außer vielleicht eine Petition zu unterschreiben oder drei Tage einen Hungerstreik durch­zuführen, sagen zu ihr: Du hast dich geirrt.

—Osvaldo Bayer, Nachbetrachtung, Margrit Schiller, »Es war ein harter Kampf um meine Erinnerung«, (Hamburg: Konkret Literatur Verlag, 2000), 222-223.

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